Bronkhorst

Carbon Nanotubes: Materialien der Zukunft

11. September 2018 John S. Bulmer (University of Cambridge)
Carbon Nanotubes 3D Modell

Als Wissenschafter an der Universität Cambridge (Macromolecular Materials Laboratory, Cambridge University), bin ich direkt an einem faszinierenden Projekt über Carbon Nanotubes (Kohlenstoff-Nanoröhrchen) beteiligt. In Zusammenarbeit mit Bronkhorst arbeiten wir an einem Reaktor, um dieses außergewöhnlich starke und leitfähige Materials kontrolliert herzustellen. In diesem Blogbeitrag möchte ich Ihnen mehr zu diesem Thema berichten und erläutern, warum ich carbon nanotubes für den Werkstoff der Zukunft halte.

​Geschichte und Zukunft der Carbon Nanotubes (CNT)

Seit langem bekannt sind diese drei Arten (Modifikationen) des Kohlenstoffes: 

  • Diamant
  • Graphit 
  • Amorpher Kohlenstoff
Plötzlich, Mitte der 80er Jahre, tauchte in der Forschung eine neue molekulare Form von Kohlenstoff auf und dies war die Initalzündung für das multidisziplinäre Feld der Nanotechnologie. Diese Kohlenstoffmoleküle, die sogenannten Buckminsterfullerene ("Bucky-Balls"), sind nanometerskalige Käfigstrukturen aus Kohlenstoffatomen mit einer Molekularstruktur, die einem Fußball ähnelt. 
 

3D Modell der Buckminster-Fulleren
3D Modell der Buckminster-Fulleren

Einige Jahre später kam ein weiterer molekularer Kohlenstoff-Cousin ans Licht: Carbon Nanotubes (CNT). Ähnlich wie bei Buckminster-Fullerenen ist die Fußballstruktur zu einer nanometerbreiten Röhre mit einer Länge, die Millionen mal größer als ihr Durchmesser ist, stark verlängert. Die CNTs rückten mit ihren äußerst interessanten Eigenschaften sofort in den Fokus der Forschung: Die CNTs sind Kohlenstoffverbindungen mit einer geordneten Molekularstruktur und sehr stabilen Bindungen. Diese machen CNTs zu dem stärksten Material, das je hergestellt wurde. Die Festigkeit ist aber nicht alles, Elektronen gleiten mühelos als stabile eindimensionale Leiter über die CNTs, was die elektrische Leitfähigkeit von CNT viermal höher macht als bei Kupfer, bei einer maximalen Kapazität sogar 1.000 mal höher als bei Kupfer.

Anfang der 2000er entwickelten die Forscher Verfahren zur Herstellung von Textilien aus CNT's mit dicht gepackter und ausgerichteter Mikrostruktur. Zunächst blieben die Masseneigenschaften von CNT-Textilien deutlich hinter den spannenden Eigenschaften ihrer einzelnen Moleküle zurück. Nach stetiger Weiterentwicklung ist die hochmoderne CNT-Faser so stark wie herkömmliche Kohlefaser und etwa viermal so leitfähig. Mit der Weiterentwicklung erwarten wir CNT-Fasern, die wesentlich stärker sind als herkömmliche Kohlefasern mit einer elektrischen und thermischen Leitfähigkeit, die höher ist als bei herkömmlichen Metallen wie Kupfer und Aluminium.

Carbon Nanotube Fasern werden aufgrund ihrer Festigkeit in strapazierfähigen Textilien (Schutzkleidung, kugelsichere Westen), Verbundwerkstoffen, Baumaterialien (Keramik, leichtere Karosserien) und Kabeln eingesetzt. Die Verwendung von Kohlenstoff-Nanoröhrchen könnte enorme Auswirkungen auf das tägliche Leben haben, ähnlich wie Kunststoffe Mitte des 20. Jahrhunderts die Welt verändert haben.

Carbon Nanotubes (CNT) an der Universität Cambridge

In unserem Labor haben wir einen Produktionsprozess entwickelt, mit dem nicht nur Carbon Nanotubes in industriell wettbewerbsfähigen Mengen herstellt werden können, sondern dies mit beispielloser graphitischer Perfektion zu einem makroskopischen Textil mit ausgerichteter Mikrostruktur in einem Produktionsschritt tut. Dieser Produktionsprozess ist an sich einfacher als andere Faserherstellungsverfahren wie herkömmliche Kohlefaser und Kevlar.

Der für diesen Prozess verwendete Floating Catalyst Chemical Vapor Deposition Reactor (F-CVD) benötigt lediglich eine Kohlenstoffquelle (Toluol), eine Katalysatorquelle (Ferrocen) und einen schwefelbasierten Promotor (Thiophen), die zusammengemischt und durch ein Trägergas (Wasserstoff) in einen 1300°C-Rohrreaktor eingespeist werden. Es entsteht eine schwebende CNT-Wolke. Durch die mechanische Extraktion der CNT-Wolke aus dem Rohrreaktor wird die Wolke zu einer Schüttgutfaser mit ausgerichteter Mikrostruktur verdichtet. Dies wird als "CNT-Spinnen" bezeichnet. Ein mit besonderer Schutzausrüstung ausgestatteter Mitarbeiter, auch "der Spinner" genannt, extrahiert die CNT-Wolke mechanisch zu einer Faser.

Eine konsistente Reaktorregelung ist jedoch eine Herausforderung. Die CNT-Materialeigenschaften variieren zwischen den Läufen erheblich und das Verhältnis zwischen kontrollierten und unkontrollierten Reaktor-Eingangsparametern ist noch nicht vollständig verstanden.

Die Herausforderung: Kontrollierte Regelung des CNT-Reaktors

Unsere Forschung zielt darauf ab, eine robuste Rückkopplungsschleife zur Steuerung der CNT-Materialeigenschaften des Reaktors zu implementieren. Alle Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen des Reaktors, die spezifisch ausgewählte CNT-Materialeigenschaften sind, werden automatisch gemessen und in einer Datenbank erfasst; von der Außenwitterung über das Bedienpersonal, das Alter des Rohres bis hin zu den Vorläufer-Konzentrationen, Gasströmen usw. Die Datenbank wird kontinuierlich für Korrelationen, Parameterinteraktionen und multidimensionale lineare Regressionsmodelle abgefragt, die das Reaktorverhalten mit der Datenexplorations-Software JMP™ statistisch vorhersagen.

Abbildung 1. G/D-Verhältnis bei ungeregelter Precursor-Zufuhr
Abbildung 1. G/D-Verhältnis bei ungeregelter Precursor-Zufuhr

So zeigt beispielsweise Abbildung 1 ein statistisches Modell für das G:D-Verhältnis des Materials, dies ist das Verhältnis zwischen Graphit (G) und graphitischen Defekten (D) aus der Raman-Spektroskopie, das den Grad der graphitischen Perfektion anzeigt. Das Modell ist eine Funktion verschiedener Reaktor-Eingangsparameter, die als die statistisch signifikantesten für das G:D-Verhältnis gefunden wurden. Auf der horizontalen Achse im folgenden Diagramm befinden sich die vorhergesagten G:D-Werte des Modells und auf der vertikalen Seite die tatsächlich gemessenen Werte. In einem perfekten Modell mit perfekter Kontrolle würden wir eine gerade 45 Grad Linie erwarten. Offensichtlich sind die Datenpunkte entlang der roten Linie weit gestreut, was auf ein niedriges Niveau der Reaktorregelung hinweist.

Dabei wurden die Vorläufer (Toluol, Ferrocen und Thiophen) einfach miteinander vermischt und die Lösung über eine einfache Zahnradpumpe in ein Wasserstoffträgergas eingespritzt. Es zeigte sich, dass ein ausgeklügelteres System für eine bessere Reaktorsteuerung erforderlich war.
 

Die Bronkhorst-Lösung zur Regelung des Carbon Nanotube Reaktors

Abbildung 2 zeigt unser weiterentwickeltes System. Die flüssigen Ausgangsmaterialien werden nun unabhängig voneinander mit Bronkhorst Coriolis Instrumenten (mini CORI-FLOW Serie) geregelt . Die Coriolis-Massendurchflussmesser liefern präzise Massendurchflussraten, ohne dass eine Neukalibrierung bei Eduktwechseln nötig ist. Das erleichtert das Ausprobieren verschiedener CNT-Rezepturen erheblich. Nur Bronkhorst ist es gelungen, das bekannte hochpräzise Coriolis-Prinzip durch den Einsatz der MEMS-Technologie in extrem kleinem Maßstab anzuwenden.

Die Durchflussmengen liegen im Bereich bis 200 g/h für Toluol und sogar unter 100 mg/h für Thiophen. Die Wasserstoff-Trägergasströme werden durch robuste, Plug-and-Play-Bronkhorst-Massendurchflussregler gesteuert. Abschließend werden die genau dosierten Precursor-Substanzen verdampft zusammen mit den kontrollierten Trägergasströmen (Wasserstoff) im Verdampfer verdampft und in den Reaktor eingebracht.

Abbildung 2. Schematischer aufbau des Carbon Nanotubes -Reaktors
Abbildung 2. Schematischer aufbau des Carbon Nanotubes -Reaktors
Abbildung 3: G/D-Verhältnis mit geregelter Precursor-Verdampfung
Abbildung 3: G/D-Verhältnis mit geregelter Precursor-Verdampfung

Mit dieser neuen und anspruchsvolleren Instrumentierung ist die statistische Modellierung des chemischen Gasphasenabscheidungsreaktors mit schwebendem Katalysator wesentlich effektiver. Hier sind die tatsächlichen versus prognostizierten Werte für die graphitische Perfektion sehr viel besser, wie in Abbildung 3 dargestellt. Dieses Modell hat wesentlich weniger Rauschen, was bedeutet, dass die Reaktion des Reaktors vorhersehbar und wiederholbar ist. Mit diesem steuerbaren und gut modellierten Reaktorsystem haben wir bisher die typischen CNT-Produktionsraten mehr als verdoppelt und den Grad der graphitischen Kristallinität verdreifacht.

Bleiben Sie auf dem Laufenden bei Bronkhorst mit spannenden Applikationen, nützlichen Informationen und Tipps und Tricks in unseren regelmäßigen Blogbeiträgen.
 

Bronkhorst Informationen

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  • Lesen Sie mehr  über die Entwicklung von Coriolis-Massendurchflussmessern für kleinste Durchflüsse in unserem Blog-Beitrag von Wouter Sparreboom.

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